Rubrik: Stillen

Beikosteinführung nach wie vor rund um den sechsten Monat Datum: 20. Dezember 2016

Immer wieder werden junge Eltern verunsichert mit den verschiedensten Empfehlungen zum Beikoststart. Der Kinderarzt sagt dies, die Ernährungsberaterin sagt das, die Eltern und Freunde haben auch so ihre Ansichten. Da ist es mittlerweile (oder schon immer???) recht schwer, seinen eigenen Weg zu finden und sich dennoch sicher zu sein, dass es dem Zwerg damit gut geht.

Nun möchte ich euch hier keine wissenschaftliche Abhandlung über das Thema geben, dazu fehlt mir an dieser Stelle Zeit und Platz.

Mich beunruhigt aber die Entwicklung, wie viele Eltern bei mir anfragen ob es denn ok ist, wenn ihr Zwerg mit gut 6 Monaten ( oder gar schon 7 ) kein Interesse am zumeist Brei zeigt.  Diese Unsicherheit rührt zum Teil daher, dass die allgemeinen Empfehlungen sehr verwirrend pupliziert wurden und werden ( so geschehen in der "Deutschen S3-Leitlinie zur Allergieprävention" - diese S3 Leitlinie ist von maßgeblichen Interesse für Gesundheits - Institutionen, Ernährungsberatern usw.) Auch die Hersteller von Babynahrung tun ihr Bestes, um diese ofiziellen Leitlinien möglichst günstig für ihre Zwecke auszulegen und mit entsprechender Werbung die Eltern zu beeinflussen.

Damit sich jede Familie einen Überblick verschaffen kann, habe ich ein paar Infos gesammelt und zu den entsprechenden Seiten verlinkt.

Netzwerk Junge Familie - Gesund ins Leben

Hier gibt es eine Stellungnahme, die mit den Missverständnissen eben dieser S3 - Leitlinie aufräumen möchte.

Auch möchte ich in Auszügen die Stellungnahme zur Deutschen " S3 - Leitlinie zur Allergieprävention" des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation zitieren:

"Als im Jahr 2009 die S3-Leitlinie zur Allergieprävention zuletzt überarbeitet worden war, kam es zu einer ausgeprägten Verunsicherung bei Fachpersonal und Eltern, was die Einführung der Beikost und die Dauer des ausschließlichen Stillens anbelangt. Die Leitlinie, die an einigen Stellen nicht optimal formuliert war, stand in scharfer Kritik durch Stillverbände und Hebammen, Kinderärzte vielerorts interpretierten die Leitlinien auf eine sehr restriktive Art und Weise und schlossen plötzlich, dass alle Kinder mit 4 Monaten zwingend zugefüttert werden müssten,
Abstillen und Beikosteinführung wurden gleichgesetzt usw. (...)

(...) Einer der Autoren der Leitlinie zur Allergieprävention, Dr. Matthias Kopp, veröffentlichte 2012 einen weiterennklärenden Artikel in der Zeitschrift „Pädiatrische Allergologie“, in dem er die missverständlichen Formulierungen und
Interpretationen nochmals gezielt aufgriff. (...)

(...) Was ist also Stand der Dinge? Es besteht ein Konsens (hinsichtlich des Gesichtspunktes Allergieprävention) zu folgenden Punkten:

- Säuglinge sollten mindestens bis zum Ende des vollendeten 4. Lebensmonats ausschließlich gestillt werden
(dies bedeutet: mindestens bis zum Beginn des 5. Lebensmonats)
- Beikost sollte frühestens mit Beginn des 5. Monats, spätestens mit Beginn des 7. Monats angepasst an den Entwicklungsstand des Kindes angeboten werden (dies bedeutet: rund um den 6. Monat herum sollte Beikost eingeführt werden)
- Auch unter der Einführung der Beikost sollte im gesamten zweiten Lebenshalbjahr weiter gestillt werden
- Wenn in der Familie ein Allergierisiko besteht und das Baby nicht gestillt wird, sollte es bis zur Beikosteinführung eine hydrolisierte Nahrung (=HA-Nahrung) erhalten
- Eine Kaiserschnittentbindung scheint das Risiko für Allergien leich ansteigen zu lassen, wobei die Ursachen bislang noch nicht ausreichend erforscht sind
- Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine ausreichenden Erkenntnisse zu Prä- und Probiotika, so dass dazu derzeit keine Empfehlungen ausgesprochen werden können
- Familien, in deren Haushalt eine Katze lebt, sollten diese nicht abschaffen, jedoch sollte keine Katze neu angeschafft werden, wenn in der Familie Allergien bestehen
- Sowohl in der Schwangerschaft als auch in der Stillzeit wird eine ausgewogene Ernährung empfohlen, die insbesondere auch Fisch enthalten sollte
- Mit der Beikosteinführung wird auch dem Kind der Konsum von Fisch empfohlen

Leider ist es in der aktualisierten Leitlinie nicht gelungen, alle diese Punkte sprachlich so herauszuarbeiten, dass es zu keinen Missverständnissen kommen kann. Für Hebammen und Stillberaterinnen besonders unbefriedigend sind leider die neuen Formulierungen zum Stillen. Gerade nach den Erfahrungen 2009 und den folgenden Diskussionen ist anzunehmen, dass auch dieses Mal die
neuen Empfehlungen sehr rasch missinterpretiert werden, sofern dafür Spielraum besteht. Insofern erstaunt es umso mehr, dass die Formulierung der aktuellen Leitlinie an einigen Stellen sogar noch missverständlicher ist als die Version von 2009 und so mit hoher Wahrscheinlichkeit zu weiterer Verunsicherung beitragen wird. (...)

(...) Erst später wird auf die Empfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben verwiesen, die das ausschließliche Stillen bis mindestens zum Ende des vollendeten 4. Monats beinhalten. Außerdem ist in den Erläuterungen der Leitlinie von 2009 noch von ausschließlichem Stillen die Rede, jetzt spricht die
Leitlinie von „Vollstillen“, was nach der Definition der WHO bedeutet, dass das Kind überwiegend/ vorherrschend mit Muttermilch ernährt wird, jedoch auch Flüssigkeiten wie Tee, Saft o.ä. erhalten kann. Dies mag für die Allergieprävention tatsächlich keine Rolle spielen, ist aber aus anderen Gründen problematisch und hätte daher günstigerweise in einem Erläuterungssatz Erwähnung finden sollen. (...)

(...) Als Dr. Kopp 2012 seinen klärenden Artikel veröffentlichte, verwies er darauf, dass die Leitlinie sich ausschließlich mit der Frage der Allergieprävention befasst und daher nicht das einzige Kriterium sein sollte, das in die Frage einfließt,
wie lange ein Kind gestillt wird und wann es zum ersten Mal mit Beikost in Kontakt kommt. Einen solch einordnenden Satz hätten wir uns auch für die aktuelle Leitlinie gewünscht."

_{^{Quelle: Europäisches Institut für Stillen und Laktation, Nov. 2014}}

Die Nationale Stillkommission am Bundesinstitut für Risikobewertung hat ebenfalls eine Stellungnahme zur Beikosteinführung herausgegeben.

Auch La Leche Liga hat zusammen mit anderen Berufsgruppen eine Stellungnahme zum optimalen Beikoststart heraus gegeben. La Leche Liga richtet ihre Empfehlungen nach den öffentlichen Leitlinien der WHO aus. Und auch die WHO bleibt nach erneuter Überarbeitung der Datenlage dabei:

ausschließliches Stillen nach Bedarf ist die optimale Babyernährung in den ersten 6 Monaten. Zeigt das Baby Beikostreifezeichen (siehe unten ), dies meist um den 6. Monat, kann parallel zum Weiterstillen mit der Beikosteinführung nach und nach im Tempo des Babys begonnen werden.

Muttermilch bleibt für das gesamte erste Lebensjahr die wichtigste Hauptnahrung - Beikost ist eben BEI - Kost.

BEIKOSTREIFEZEICHEN:

- das Baby kann mit ein wenig Hilfe aufrecht sitzen

- der Zungenstoßreflex, der alles was in Babys Mund kommt, wieder heraus befördert, hat sich abgeschwächt

- ihr Baby kann selbstständig nach handgerechter Nahrung greifen und sich in den Mund stecken

- das Baby zeigt Bereitschaft, zu kauen

- das Baby schaut anderen interessiert beim essen zu und versucht selbstständig an Essen zu gelangen

Zum Schluß noch ein paar Büchertipps:

Baby - led Weaning - Der Stressfreie Beikostweg

von Gill Rapley

• Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
• Verlag: Kösel-Verlag; Auflage: 4 (30. September 2013)
• Sprache: Deutsch
• ISBN-13: 978-3466345908
• €uro: 19,99

Breifrei von Anfang an - Beikost neu entdecken

von Karolina Marques Pereira

• Taschenbuch: 142 Seiten
• Verlag: tologo Verlag; Auflage: 1 (1. Oktober 2014)
• Sprache: Deutsch
• ISBN-13: 978-3940596987
• €uro: 14,90

Mein Kind will nicht essen - Ein Löffelchen für Mama

von Dr. Carlos González

• Taschenbuch: 208 Seiten
• Verlag: La Leche Liga Deutschland e.V.; Auflage: 5. (2012)
• Sprache: Deutsch
• ISBN-13: 978-3932022128
• €uro: 18,90

Dieses Buch ist zu beziehen über unseren La Leche Liga Shop.

 

Bei weiteren Fragen rund um´s Thema Stillen und Beikost steht euch jederzeit eine Stillberaterin LLL zur Verfügung. Um eine Beraterin in deiner Nähe zu finden schau HIER vorbei.

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